Pferde sind keine Maschinen, sondern Lebewesen mit Gefühlen und Stimmungen. Deshalb kann ein Reiter auch nicht erwarten, dass sein Pferd jeden Tag gleich reagiert. Um die Tagesform des Pferdes einzuschätzen ist es sinnvoll erstmal ruhigen Übungen zu machen, die das Pferd kennt. Am Besten vom Boden aus, da man das Tier dann besser im Blick hat. Z. B. kann das Friendly Game gespielt werden oder das Pferd ein paar Minuten longieren (dies natürlich stets mit Richtungswechsel, um beide Seiten gleich zu belasten).
Dabei ist auf Folgendes zu achten:
- Konzentriert sich das Pferd auf mich oder ist es von jeder äußeren Kleinigkeit abgelenkt?
- Erschrickt es vielleicht und springt zur Seite?
- Will es direkt losrennen?
- Kriege ich das Pferd kaum vorwärts?
Ein solches Durchcheckenerfordert nur etwa 2–5 Minuten und kann die Arbeit erheblich erleichtern, da die Trainingseinheit der Stimmung angepasst werden kann.
Jetzt ist jedoch eine weitere Seite zu beleuchten: Der Reiter selbst. Er ist ebenfalls keine Maschine und somit ein Lebewesen mit Gefühlen und Stimmungen. Je nach Charakter und Neigung des Pferdes reagieren sie darauf. Dies kann zu Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Pferd und Reiter führen. Hier 2 Beispiele aus meiner Praxis.
Mit dem Partbred-Araber Jimmy übe ich seit kurzem mit der Hilfe von gezieltem Reitunterricht an der Bildung von Rückenmuskeln und der Gymnastizierung. Er ist ein extrovertierter Wallach, der sich leicht zur Mitarbeit begeistern lässt. Außer letzte Woche Donnerstag. Er wirkte auf mich total unwillig, wollte sich nicht biegen und widersetzte sich all meinen Hilfen. Meine Laune wurde immer schlechter (seine auch!). Nach einiger Zeit überlegte ich, woran das liegen könnte und kam zu folgendem Schluss: Es ist meine Schuld! Ich hatte mir die Zeit zum Reiten in einen vollen Terminkalender reingequetscht und bin mit hohen Erwartungen in die Einheit gegangen. Deshalb stand ich total unter Stress. Ich habe das zunächst nicht bemerkt — dafür Jimmy umso mehr. Als mir das klar wurde, habe ich sofort die Konsequenz daraus gezogen, indem ich mit dem Training aufgehört habe. Wir haben einen kleinen ruhigen Ausritt gemacht und uns freundlich voneinander verabschiedet.
Am nächsten Tag hatte ich alle Termine erledigt, sattelte das Pferd und es klappte alles einwandfrei!Wir hatten eine tolle Reiteinheit, in der ich entspannt war und Jimmy total bereitwillig alles mitgemacht hat.
Ein total gegensätzliches Beispiel sind meine Erlebnisse mit der Haflingerstute Charlotte. Wenn ich müde und kaputt bin, brauche ich gar nicht versuchen, mit ihr in der Halle oder auf dem Reitplatz sinnvoll zu trainieren. Meine Stimmung überträgt sich auf die introvertierte, gemütliche Stute in der Form, dass wir Schleifspuren mit ihren Hinterhufen hinterlassen. Wenn ich also merke, dass ich nicht motiviert bin, gehe ich lieber mit ihr eine Runde ins Gelände oder mache einige Spiele vom Boden aus.
Also liebe Reiter, gebt nicht gleich dem Pferd die Schuld, sondern überlegt, ob es nicht auch an euch liegen könnte. Habt ihr ähnliche oder vielleicht ganz andere Erfahrungen gemacht?